Kunstkreis Neuburg an der Donau e.V.

Über den Tellerrand

  • Hier finden Sie Hinweise über sehenswerte Ausstellungen anderer regionaler und überregionaler Organisationen
Martin Creed
I don't know what art is
Museum für Konkrete Kunst
Ingolstadt
Bis 3. März 2024
Di - So 10 - 17 Uhr
 
 
Mit der Frage im Titel "Ist das Kunst oder kann das weg?" leitet der Donaukurier (21./22.10.2023, Nr. 243, S.15) seine Ausstellungskritik ein:
 
"... Kunst ist so etwas wie eine Gegenwelt zur Natur. Wo uns das natürliche Leben wie ein irrsinniger Dschungel vorkommt, gibt Kunst den Gegenständen eine absichtsvolle Gestalt. So durchzieht das Prinzip Ordnung fast alle Werke Martin Creeds in der Ausstellung. Da ist etwa das Werk Nummer 121, 'A crumpled ball of paper in every room in a house'. In jedem Raum des Museums, sogar in den Toiletten, liegt jeweils ein kunstvoll zusammengeknüllter Papierball. Sein einziger Sinn besteht offenbar darin, den Zusammenhang herzustellen. Es ist eine Art Siegel dafür, dass wir uns in einer Martin-Creed-Ausstellung befinden.
 
Oder die roten und schwarzen Kreuze und Striche an den Wänden, die die Struktur von Zäunen haben, Begrenzungen, an die wir uns halten können. Oder die Pyramide aus Zewa-Küchenrollen. Oder die seltsamen Klavierklänge im ersten Stock: Nichts weiter als eine langsam gespielte C-Dur-Tonleiter. Aber se gibt dem Geschehen Form und Struktur. Das alles kulminiert in dem Werk 'Bodenmarkierungsbänder', das Creed extra für das Ingolstädter Museum geschaffen hat. 54 handelsübliche Tapes wurden verwendet, um den Museumsboden farbig leuchten zu lassen. Der Boden wirkt nun wie eine Landkarte nur aus Grenzen. Grenzen, Kategorien, Abtrennungen - das ist eigentlich, das, was Creed immer bekämpft hat. Aber man kann mit dem Thema auch liebevoll spielen und es dadurch offensichtlich machen. Eine Welt nur aus Grenzen, wollen wir das? Das Werk ist sinnlich, es lässt uns nachdenken. Aber ist es Kunst? Vielleicht ist die Antwort auf diese Frage unwichtig, solange wir uns bereichert und angesprochen fühlen."
 
 
In anderen Räumen
Environments von Künstlerinnen 1956 - 1976
Haus der Kunst
München
Bis 10. März 2024
Mo, Mi, Fr, Sa, So 10 - 20 Uhr
Do 10 - 20 Uhr
Di geschlossen
 
 
Treffend mit "In magischen Räumen" betitelt die FAZ (06.10.2023, Nr. 232, S. 14) ihre Besprechung:
 
"... Sucht man in diesen Werken von Frauen nach spezifischen Merkmalen, kristallisieren sich vor allem drei Komponenten heraus, die Generationen jüngerer Künstlerinnen nachhaltig beeinflussten: 
Vor allem sind es die Materialien. Oft kommen weiche, transparente, textile Werkstoffe zum Einsatz. Etwa bei den kuscheligen, knallbunten Matratzenhöhlen, in die Marta Minujin, Happening-Pionierin aus Argentinien, zum Träumen, Schlafen und 1964 ziemlich provokant, zum Liebemachen einlud.
Und da wäre man schon bei der nächsten Komponente, den Themen, die häufig vom weiblichen Körper und von Sexualität handeln. Am fühlbarsten in der 1968 auf der Biennale in Venedig vorgestellten Installation 'A casa e o corpo' der Brasilianerin Lygia Clark. ...
Eine dritte Komponente zielt explizit auf sensuelle Erfahrungen. Kaum betritt man Laura Grisis Dunkelkammer, bläst einem 'Vento di Sud-Est' mit 40 Knoten Windstärke um die Ohren und lotst die Phantasie ins Freie. Unangenehm wird es hingegen im Raum der Französin Tania Mouraud: 45 Grad Hitze, Flutlicht, dazu Töne in Ultra- und Infraschall attackieren die Sinne. ...
Das Publikum macht begeistert mit, Kinder staunen, kein Wunder, denn in der Summe wirken die Beiträge wie ein kunstvoller Erlebnisspielplatz. Dabei sollte nicht übersehen werden, wie radikal, ja revolutionär die Werke zu Zeiten ihrer Entstehung vor Jahrzehnten wirkten. Die Environments stellten wichtige Teilaspekte in den oft feministisch motivierten, nicht selten psychologisch unterfütterten und mit gesellschaftlichem Engagement vorangetriebenen Gesamtwerken dar. ... Viele der beteiligten Künstlerinnen leben nicht mehr, aber ihre oft vergessenen Arbeiten wurden ausfindig gemacht und in akribischen Rekonstruktionen wiederbelebt."
 
 

 
Ralph Gibson - Secret of Light
Kunstfoyer der Versicherungskammer
Maximilianstr. 53
München
Bis 26. November
Tägl. 9:30 - 18:45 Uhr
 
Die folgende Besprechung bezieht sich auf die zurückliegende Ausstellung in den Deichtorhallen Hamburg. Die Ausstellung in München ist identisch mit der in Hamburg.
"Komm, gib mir deine Hand" betitelt die FAZ (Nr.: 159, S. 11, v. 12. 07.2023) ihre Kritik:
 
"Eine der seltsamsten Konventionen des Kinos ist es, Traumszenen in Unschärfe zu tauchen. Denn so träumt man nicht. Im Gegenteil. Die Bilder des Traums sind fast hyperreal, und vermutlich ziehen sie nicht zuletzt aus der Präzision ihre Schockwirkung. Die Surrealisten hatten das begriffen und ihre Motive mit bisweilen fotografischer Exaktheit gemalt. Die Fotografen in deren Fahrwasser konnten sich deshalb auf die technischen Möglichkeiten des Mediums verlassen, nur dass sie keine Phantasien abbildeten, sondern das Surreale in der Wirklichkeit bloßlegten. ...
 
Niemand hat es mit diesem Surrealismus des Behaglichen zu größerer Meisterschaft gebracht als der amerikanische Fotograf Ralph Gibson. Seine Bilder schockieren nicht, sie verführen. Es ist, als nehme Gibson den Betrachter an die Hand. Komm, lädt er ihn ein. Und dann genügen ihm ein Putzlappen, gegen eine Glasscheibe gedrückt, der blitzend weiße Kragen eines Priesters oder das Gefieder eines Schwans, um einen in eine Welt der Geister mitzunehmen. Dazu isoliert er die Gegenstände oder zerlegt sie in Fragmente. Vieles verschwindet im tiefen Schwarz der Schatten, manches löst sich auf im gleißenden Sonnenlicht. Details gehen im groben Korn des Films verloren. Von Fassaden bleibt nichts übrig als Flächen und Linien, von Menschen nichts außer einem Auge, einem Mund, einer Kurve, denen Gibson in perfekten Kompositionen anrührende grafische Reize entlockt. 'Quadrants' hat er die Serie genannt, entstanden in den Jahren 1975 bis 1988. Sie bildet jetzt den Mittelpunkt in einer umfassenden Retrospektive mit mehr als dreihundert Arbeiten, ..."


Rudi Tröger
Ausblicke und Innenschau
Kunsthaus Kaufbeuren
Bis 19. November
Di - So, Fei 10 - 17 Uhr
 
 
Die Neuburger Rundschau vom 12.08.2023, S. 12, leitet die Besprechung ein mit "Ein Grenzgänger zwischen den Horizonten. Rudi Tröger beweist im Kaufbeurer Kunsthaus eindrucksvoll die Vielfalt seiner Malerei.
Die Ausstellung 'Ausblicke und Innenschau' zeigt sein ausgefeiltes Spiel mit den Genres."
"... Auf bemerkenswerte Art und Weise bricht Tröger mit Konventionen, mit Perspektiven und Horizonten. Viele seiner Stillleben, die zwischen 2000 und 2010 enstanden sind, stellen Blumen zwar prominent ins Zentrum, lassen ferner aber eine feine Trennlinie zwischen Himmel ind Globus im Hintergrund deutlich erkennen. ... Die floralen Gebilde sind vom Verfall verfolgt - stets haben die Blumen ihren Zenit bereits knapp überschritten. Vanitas, doch die einstige Schönheit hallt nach. 
Tröger, der von 1949 bis 1957 an der Akademie der Bildenden Künste in München studierte, steht zwischen den Genres. Mal mit Acryl, mal mit Guache und mal mit Eitempera wandelt er von abstrakten Formen hin zu realistischeren Impressionen und wieder zurück. Genau diese Ambivalenz löst seine Kunst über Dekaden hinweg von Trends und macht die Schau in Kaufbeuren zu einem Augenschmaus für Tröger-Kenner und -Einsteiger. ...
 
Figuren ... die ein weiteres favorisiertes Sujet Trögers sind - wirken statisch, gar tektonisch, aber doch liegt in ihnen eine gewisse Dynamik inne. Sie sind nur angedeutete humanoide Schemen, auf den Körper reduziert und keine Individualisten. In ihnen wohnt eine Mystik, eine Verwaschenheit, die deutlich macht: Tröger geht es bei seinen Werken nicht um die Gegenständlichkeit des Gemalten per se, sondern darum, was das Bild beim Betrachter auslöst. Trögers Werke drängen - passend zum Titel der Ausstellung - dazu, selbst zu eruieren, was sich hinter dem Sichtbaren verbirgt. ..."