Kunstkreis Neuburg an der Donau e.V.

Über den Tellerrand

  • Hier finden Sie Hinweise über sehenswerte Ausstellungen anderer regionaler und überregionaler Organisationen

Unreal. Jenseits der Realität.
Kunsthaus
Kaufbeuren
Bis 14. April
Di - So 10 -17 Uhr
 
In einem langen Untertitel leitet die Donauwörther Zeitung (22.12.2023, Nr.: 295, S.11) die Besprechung wie folgt ein "Das Wesen und die Darstellung der Realität sind Fragen, die die Kunst seit jeher beschäftigt haben. Die Maler Sven Drühl und Rene Wirths geben im Kunsthaus Kaufbeuren pointierte und zeitgemäße Antworten darauf.":
 
"... Da sind zum einen die Arbeiten von Wirths (Jahrgang 1967), die alltäglichen Gegenständen die große Bühne bieten. In teilweise monumentalen Formaten, die auch die Ausstellungsräume des Kunsthauses Kaufbeuren an seine Grenzen bringen, schafft er 'Stillleben', oder besser 'Portraits' von Dingen. ... Doch Wirths malt nicht (nur) fotorealistisch und stets direkt am Modell, er nimmt sich die Freiheit, subtil seine eigene Realität auf die Leinwand zu bringen. Da sind am glänzenden Blech des Tanks eines fast lebensgroß gemalten edlen Motorrads ('Moto Guzzi', 2010) deutliche Spiegelungen zu erkennen: der Maler an der Staffelei. ... In die vermeintliche Objektivität der Gegenstände fließen Bezüge zu Wirths' Biographie ein. ...
 
Dass die Landschaften von Sven Drühl (Jahrgang 1968) keine solchen im klassischen Sinne sind, wird schnell deutlich. Doch wie weit seine Werke von der Natur entfernt sind, offenbart sich ebenfalls erst nach und nach. Drühl kombiniert Versatzstücke aus der Kunstgeschichte - Berglandschaften, Wälder, Wasserflächen - und strukturiert und verfremdet sie raffiniert und effektvoll durch die Farbgebung, die technische Umsetzung oder bereits durch das Ausgangsmaterial. ....
 
Dass diese beiden pointierten künstlerischen Positionen zum ersten Mal zusammen präsentiert werden, hat Kunsthaus-Direktor Jan T. Wilms in die Wege geleitet - und damit eine in vielerlei Beziehung reizvolle Ausstellung geschaffen. ..."
 

 

Sehnsuchtsblaue Ferne! Der Münchner
Landschaftsmaler August Seidel (1820-1904)
und Weggefährten.
Städtische Galerie
Rosenheim
Bis 12. Mai
Di - So 13 - 17 Uhr
 
"Warum denn in die Ferne schweifen?" lautet der Titel der FAZ (10.02.2024, Nr.: 35, S. 14) zur Ausstellungsbesprechung:
 
"... Kunstgeschichtliche Vorbilder Seidels waren - wie schon für dessen Vorgänger Carl Rottmann und Johann Georg von Dillis - Claude Lorrain und Jacob von Ruisdael sowie die Schule von Barbizon.
Es entstanden Bilder, die ein überhöhtes Bayern-Bild transportieren und die von Großstädtern gern gekauft wurden. ... Sie tragen Titel wie 'Morgen im Gebirge', 'Alm bei Mondschein', 'Gebirgslandschaft', 'Wasserfall in der Klamm', 'Eichenlandschaft'. Die Künstlerreisen Seidels konzentrierten sich auf Berge, Almen, Seen und Wälder, immer auf der Suche nach 'Naturwahrheit' und dem 'Idyllischeinfachen'. August ist oft mit seinem ebenfalls malenden, zwei Jahre älteren Bruder Franz unterwegs, mit Kutschen, zu Pferd, meistens zu Fuß. ...
 
Die mehr als hundert Exponate kommen mehrheitlich aus drei privaten Sammlungen, deren prominenteste die des Münchner Raketeningenieurs und Stifters Robert Schmucker und seiner Frau Renate ist. Schmucker finanziert auch die Forschungsstelle August Seidel im Gärtnerplatzviertel.
 
Neben Seidel und seinem Bruder sind mehr als drei Dutzend Zeitgenossen ausgestellt, darunter Carl Spitzweg, Christian Morgenstern, Johann Friedrich Voltz, Ludwig Sckell, Eduard Schleich d.Ä. Nur eine Frau ist an Bord, die Wienerin Tina Blau-Lang. ... Seidel blieb strikt bei der Darstellung von Naturschönheit und Idyll. Der Mensch ist, wenn er denn überhaupt auftaucht, im Einklang mit der Natur. Aber die meisten Bilder sind menschenleer, ab und an Rehe oder Kühe, ein Ochsengespann und gelegentlich winzige Rückenfiguren, die sich als Identifikationspunkt inmitten einer grandiosen Natur anbieten, den Besucher zum Staunen anleiten. ..."



Modigliani. Moderne Blicke
Staatsgalerie Stuttgart
Bis 17. März
(Danach Museum Barbarini Potsdam 27.04 - 18.08.2024)
Di - So 10 - 17 Uhr
Do bis 20 Uhr
 
Die FAZ vom 24.11.2023, Nr. 274. S. 11, schreibt nach Titel und Untertitel "Aus der Frühzeit der Bubiköpfe. Blicke, die nach innen gehen: Die Staatsgalerie Stuttgart sieht Amadeo Modigliani als einen Begründer der Moderne neu.":
" ... Modiglianis in Öl auf Leinwand kondensierter Malerblick entfaltet in den meisten seiner erhaltenen 330 Werke - eine respektable Leistung für ein in nur zwanzig Jahren entstandenes OEuvre - ein neues Frauenbild, und das fast eine Dekade, bevor die Neue Sachlichkeit die Ikonographie des Bubikopfs und der Hosenanzüge salonfähig machte. Das Mädchen mit gestreiftem Hemd von 1917 jedenfalls trägt bereits acht Jahre vor der namengebenden Mannheimer Schau zur Neuen Sachlichkeit die Kurzhaarfrisur der femme garconne; ein Jahr später portraitiert er eine heute unbekannte Frau in Matrosenbluse, die zuvor Männer einkleidete. Modigliani wird stilprägend für das Bild der selbstbewusst modernen Frau der Zwanziger schon in den Zehnerjahren, ...
 
Ebenfalls neu und modern an seinem Blick ist bei den weiblichen Akten, die nur einen Bruchteil seiner Frauenbildnisse ausmachen, dass die Dargestellten bei aller unbestreitbaren und gottlob enthaltenen Erotik nie zu voyeuristischen Objekten degradiert werden. Das liegt nicht zuletzt an den irislosen Augen, die den Blick nach innen leiten, insbesondere aber jeden klischeehaft verführerischen Schlafzimmerblick vereiteln. ...
Tatsächlich können die beiden Kuratoren als zweites Novum neben der Schubumkehr des Blicks allein an den schlagenden Bildgegenüberstellungen zeigen, dass Modigliani sich sehr für Sezessionisten und Expressionisten wie Ernst Ludwig Kirchner interessierte. Seine kopfstehende "Frau mit Hut" von 1908, die Rückseite der hohlwangigen Freundin Maud Abrantès als ebenso moderner wie morphiumzerstörter Frau, könnte sowohl von Klimt als auch von Kirchner gemalt sein. ...
 
Als drittes Geheimnis begibt sich die Ausstellung auf die Suche nach der Herkunft der seherisch nach innen gewandten Mandelaugen.
Immer bekannt war Modiglianis Faible für Skulptur der Urzeit und afrikanische Masken mit ihren markanten geometrisierten Augen und grob geschnitzten Gesichtszügen, die er im Trocadero studierte. Als weiteren Einfluss darf man sicher Kykladenidole ansehen sowie mittelalterliche Madonnen-Schnitzereien der internationalen Gotik. ..."